Fehlendes Personal wird für immer mehr Unternehmen zum Zukunftsrisiko. Die Fachkräftelücke könnte sich bis 2030 verdreifachen, wie neue Zahlen belegen. Die IHK fordert mehr Investitionen in berufliche Aus- und Weiterbildung.

Logo Bad Abbacher Kurier (Grafik: br-medienagentur)Immer mehr Stellen in der Wirtschaft bleiben unbesetzt - und in Zukunft wird sich der Fach- und Arbeitskräftemangel noch einmal drastisch verschärfen. Das zeigen die aktuellen Berechnungen des unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstituts WifOR für den "IHK-Fachkräftemonitor". Niederbayern ist besonders betroffen: Dort fehlen in Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus aktuell 17.000 qualifizierte Arbeitskräfte. "Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Neben der Energiekrise ist er für viele Unternehmen nicht nur ein einschneidender Faktor für den laufenden Betrieb, sondern auch eines der Hauptrisiken für die weitere Entwicklung", sagt Alexander Schreiner, der Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern in Passau.
Die Aussichten für die Zukunft sind düster: Ohne entscheidende Veränderungen wird die Fachkräftelücke in der niederbayerischen Wirtschaft bis zum Jahr 2030 auf 52.000 fehlende Kräfte ansteigen - eine Verdreifachung in nicht einmal zehn Jahren. "Jede siebte Stelle muss dann unbesetzt bleiben", warnt Schreiner. Er fürchtet: Gerade die mittelständisch geprägte Wirtschaftsstruktur lässt sich mit einem Personalmangel dieser Dimension nicht erhalten.
Angeheizt wird der Fachkräftemangel vom demografischen Wandel. Die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre verlassen Schritt für Schritt den Arbeitsmarkt, die nachrückenden Generationen können diese Renteneintritte nicht ersetzen. "Wir werden schon bald vor der Situation stehen, dass jedes Jahr mehr als doppelt so viele Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als Schulabgänger nachkommen", so Schreiner.
Die größte Personallücke heute und künftig klafft nach Zahlen von WifOR bei den praktisch ausgebildeten Fachkräften, die sich ihr hohes Qualifikationsniveau über die berufliche Bildung erarbeitet haben. Aktuell bleibt fast jede zehnte Stelle unbesetzt, für die eine Fachkraft aus der beruflichen Fortbildung beziehungsweise auf Bachelor-Niveau benötigt würde. 2030 ist es dann schon jede fünfte Stelle. Schreiner: "Das ist jeweils der höchste Wert unter allen Qualifikationsniveaus und zeigt, wie wichtig es wäre, dass mehr junge Menschen eine berufliche Aus- und Weiterbildung machen und dann auch die entsprechenden Angebote in der Wirtschaft annehmen." Weitaus geringer ist laut Fachkräftemonitor hingegen die Lücke bei Fachkräften auf Master- und Diplomniveau oder aufwärts: Derzeit fehlen lediglich 2.300 in dieser Gruppe.
Die berufliche Aus- und Fortbildung zu stärken ist für Schreiner das wichtigste Instrument, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. "Hier ist ein gesellschaftliches Umdenken gefordert sowie eine andere Bildungspolitik", fordert er. Das leistungsfähige und überaus vielfältige System der beruflichen Bildung habe mindestens die Anerkennung und auch die Investitionen verdient, die der akademischen Bildung zukommen. Auch bei Familienfreundlichkeit und Kinderbetreuung müsse es deutliche Verbesserungen geben, um mehr gut ausgebildete Frauen für eine Vollbeschäftigung gewinnen zu können. Ältere Mitarbeiter müssten länger im Arbeitsleben gehalten und die Zahl der Langzeitarbeitslosen abgebaut werden.
Große Bedeutung hat für Schreiner zudem die gezielte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte. Denn alleine aus dem Inland lasse sich eine Fachkräftelücke, die sich letztlich von niedrig qualifizierten Hilfstätigkeiten bis zu hochspezialisierten Experten erstreckt, keinesfalls schließen. "Insgesamt muss die Fachkräftezuwanderung noch einfacher, schneller und vor allem unbürokratischer werden. Probleme gibt es derzeit etwa bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, in anderen Ländern hat sich hierfür ein übersichtliches Punktesystem bewährt", sagt der niederbayerische IHK-Hauptgeschäftsführer.
 
 
Powered by NewsWork GmbH
Chefredaktion: Jens Henning-Billon
Dechbettener Straße 28
93049 Regensburg
Telefon: 0941 56959360
Google Analytics Alternative