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2022 war kein gutes Hopfenjahr

v.l.: Dipl.-Ing. Walter König (Geschäftsführer, Bayerischer Brauerbund e.V.), Pascal Piroué (1. Vorsitzender, Deutscher Hopfenwirtschaftsverband e.V.), Adolf Schapfl (Präsident, Verband Deutscher Hopfenpflanzer e.V.), Mario Schäfer (Geschäftsführer, Privater Brauereien Bayern e.V.) (Foto: www.pokorny-kreativ-welten.de)v.l.: Dipl.-Ing. Walter König (Geschäftsführer, Bayerischer Brauerbund e.V.), Pascal Piroué (1. Vorsitzender, Deutscher Hopfenwirtschaftsverband e.V.), Adolf Schapfl (Präsident, Verband Deutscher Hopfenpflanzer e.V.), Mario Schäfer (Geschäftsführer, Privater Brauereien Bayern e.V.) (Foto: www.pokorny-kreativ-welten.de)
Über die Entwicklung der Hopfenernte und den Hopfenmarkt für das Jahr 2022 berichteten in einer Pressekonferenz am heutigen 28.11.2022 der Präsident des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer e. V. - Adolf Schapfl -, der 1. Vorsitzende des Deutschen Hopfenwirtschaftsverband e.V. - Pascal Piroué -, der Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbund e.V. - Dipl.-Ing. Walter König- sowie der Geschäftsführer der Privaten Brauereien Bayern e.V.
Nachfolgend die jeweiligen Bericht zur Hopfenernte und der Marktlage des Hopfenmarktes:

Adolf Schapfl
Präsident Verband Deutscher Hopfenpflanzer e.V.
zur Hopfenernte und dem Hopfenmarkt 2022
Die deutsche Hopfenernte 2022 ist sehr schlecht ausgefallen. Mit Abschluss der Hopfenzertifizierung am 15. November stehen nun die offiziellen Zahlen fest:
Im Bundesgebiet konnten nur 34.406 to Hopfen geerntet werden, ein Minus von 28 % im Vergleich zum Vorjahr. In den einzelnen deutschen Anbaugebieten sehen wir ein ähnliches Bild:
Ernte 2022 in Veränderung zu 2021 in
to %
Hallertau 29.1529 - 29
Elbe-Saale 2.529 - 22
Spalt 411 - 49
Tettnang 2.302 - 15
Bitburg 12 - 46
Bundesgebiet 34.406 - 28
Bei Betrachtung der Alphawerte ergibt sich bei einzelnen Sorten ein noch schlechteres Bild, d.h. die Erträge bei den Alphasäuren als einer der wesentlichen Brau-Zutaten fallen noch weiter hinter das Vorjahr zurück. Das Jahr 2022 ist damit leider ein historisch schlechtes Jahr für
die deutschen Hopfenpflanzer.
Dabei hatte das Jahr 2022 gar nicht schlecht begonnen. Nach zwei Jahren mit zum Teil erheblichen Beschränkungen aufgrund der Corona-
Pandemie schienen die meisten Probleme daraus für den Hopfen- und Biermarkt überwindbar und zum Teil gelöst: Die dringend benötigten Saisonarbeiter konnten im Frühjahr wieder ohne größere Beeinträchtigungen auf unsere Höfe kommen und der Bierabsatz und damit der Hopfenbedarf gingen bereits wieder nach oben.
Mit Beginn des Ukraine-Krieges und mit der trockenen und heißen Witterung im Sommer sollten aber Belastungen auf die Hopfenpflanzer zukommen, die weit über die der zurückliegenden Jahre hinausgehen. Die sommerliche Witterung führte zu den bereits genannten geringen
Hopfenerträgen. Hinter den Angaben in Tonnen und in Prozent stecken letztendlich die fehlenden Einnahmen für die Hopfenpflanzer. Es fehlt ein beträchtlicher Teil der erwarteten und oftmals fest eingeplanten Einnahmen auf den Hopfenbetrieben. Deutschlandweit fehlen etwa 88 Mio. Euro bei den Hopfenpflanzern. Das stellt viele bereits vor große wirtschaftliche Probleme und bedeutet eine Belastung selbst für den Start ins nächste Hopfenjahr 2023.
Die schlechten Verkaufserlöse waren aber nur der traurige Abschluss des Hopfenjahres 2022. In Folge des Ukraine-Krieges waren die Kosten für wichtige Produktionsmittel für die Hopfenerzeugung enorm gestiegen. Die Hopfenpflanzer mussten das ganze Jahr über bereits erhebliche Mehrausgaben schultern, weil die Preise für Kraftstoffe, Aufleitdraht, Dünger, Heizöl und andere Produktionsmittel in nie dagewesene Höhen kletterten. Letztendlich waren die variablen Kosten für die Hopfenproduktion in 2022 um ca. 2.300 Euro je Hektar höher als im Vorjahr. Die deutschen Hopfenpflanzer hatten insgesamt Mehrausgaben von ca. 46 Mio. Euro, die nicht vorhersehbar waren und jetzt die Wirtschaftlichkeit der Hopfenerzeugung belasten.
Das Jahr 2022 ist also wirklich ein sehr schlechtes Jahr. Insgesamt fehlen aufgrund der schlechten Ernte und der gestiegenen Erzeugungskosten rund 134 Mio. Euro bei den deutschen Hopfenpflanzern!
Was aber sind die Lehren aus 2022?
Zum einen hat uns alle das Jahr 2022 eindringlich gezeigt, dass der Klimawandel auch im deutschen Hopfen massive Auswirkungen hat. Die notwendigen Maßnahmen sind sicherlich vielfältig und deren Umsetzung wird nicht in kurzer Zeit möglich sein. Die zwei wesentlichen Schritte für die Zukunft sind aber bereits klar erkennbar: Es müssen neue Hopfensorten mit einer höheren Klimatoleranz gezüchtet werden. In diesem Bereich sind wir in Deutschland mit dem Hüller Zuchtprogramm bereits seit mehreren Jahren auf einem guten Weg – mit bereits vorzeigbaren Resultaten! Die neuen Hopfensorten aus Hüll kommen besser mit trockenen und heißen Sommermonaten zurecht als frühere Sorten. Jetzt muss aber die Brauwirtschaft diese Sorten noch stärker in ihre Bierrezepte einbauen, damit der Umbau der deutschen Hopfenflächen gelingen kann. Der zweite notwendige Schritt ist der Ausbau der Bewässerung, denn auch bei den Neuzüchtungen sind die Ertragsrückgänge in schlechten Jahren immer noch erheblich, wenn auch nicht so katastrophal wie bei manchen älteren Sorten. Selbst in wichtigen anderen Hopfenbauländern werden die dort gezüchteten und an das dortige Klima angepassten Sorten fast alle bewässert.
Für den Ausbau der Bewässerung in deutschen Hopfengärten brauchen wir die Unterstützung von Politik und Behörden, weil bislang die wasserrechtlichen Genehmigungen eine oftmals sehr große Hürde sind. Der andere große Problembereich ist der enorme Kostenanstieg. Hier
können die Hopfenpflanzer nach und nach versuchen die Energiekosten dadurch zu senken, dass etwa Heizöl ersetzt wird. Der Gestaltungsraum für die Hopfenpflanzer ist hier aber begrenzt.
Letztendlich ist es die Aufgabe der Politik die Rahmenbedingungen – auch für die Hopfenproduktion – vernünftig zu gestalten. Und dazu gehören neben Maßnahmen gegen enorme Kostensteigerungen vor allem auch faire und realistische Rahmenbedingungen beim Pflanzenschutz.
Der deutsche Hopfenbau steht im Wettbewerb zu anderen Hopfenbauländer innerhalb Europas und weltweit. Trotzdem gibt es eine intensive und gute Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Viele Herausforderungen treffen alle oder fast alle Hopfenpflanzer aufder ganzen Welt. Die Ernten in 2022 waren auch bei den meisten europäischen Kollegen schlecht und Kostensteigerungen gab es in diesem Jahr in nahezu allen Bereichen weltweit, selbst wenn die deutschen Hopfenpflanzer vermutlich mehr unter den genannten Entwicklungen zu leiden haben als manch Andere. Für einige deutsche Hopfenpflanzer stellt sich mittlerweile grundsätzlich die Frage, ob für Sie die Hopfenproduktion überhaupt noch eine Zukunft hat. Die Politik muss bei ihren Entscheidungen diese Zusammenhänge im Blick haben, um den Hopfenbau in Deutschland für die Zukunft zu stärken und nicht zu schwächen!
 

Pascal Piroué
1. Vorsitzender Deutscher Hopfenwirtschaftsverband e.V.
zur Hopfenernte und dem Hopfenmarkt 2022

Der Hopfenmarkt steht vor großen Herausforderungen

Die Ausgangslage vor der Ernte 2022
Ausgehend von einer außergewöhnlich guten Welternte 2021, die mit einer Menge von rd. 130.500 Tonnen Hopfen einen deutlichen Überschuss an Alphasäure produzierte, zeigte sich der Weltmarkt im Braujahr 2022, wie auch in den Vorjahren, in einigen Sorten deutlich überversorgt.
In Abhängigkeit des Auslaufens pandemiebedingter Einschränkungen hielt über das Braujahr 2022 die Erholungstendenz des Bierausstoßes auf allen Kontinenten an. Insgesamt steigerte sich der globale Bierausstoß des Jahres 2021 um 5% gegenüber dem Vorjahr und verfehlte das Vor-Covid-Niveau des Jahres 2019 nur um knapp 2%. Betrachtet man die Versorgung mit Hopfen in den einzelnen Sortengruppen, so ergaben sich deutliche Unterschiede. Am meisten überversorgt zeigten sich vornehmlich die typischen Craftbier-Sorten, von denen sich vor allem in den USA über die letzten Jahre deutliche Bestände aufgebaut haben. Überschüsse gab es aber auch bei einigen Aromasorten, die Bestandteil von „Big-Beer“-Rezepturen sind. Diese wurden vom Markt aufgrund der guten Qualitäten aufgenommen. Die Versorgung mit Hochalpha-Sorten erschien insgesamt ausgeglichen.
Die Ernte 2022
2022 nahm die Weltanbaufläche nur leicht ab. Sie beträgt nun rund 1.700 ha. Diese Entwicklung ist hauptsächlich auf Flächenreduzierungen in den USA zurückzuführen. In Europa blieb die Fläche nahezu konstant. Die Wachstumsbedingungen in den Anbaugebieten in Mitteleuropa waren im Gegensatz zu 2021 in der Vegetationsperiode 2022 für den Hopfen bemerkenswert ungünstig. Überdurchschnittlich viele Hitzetage, ausbleibende Niederschläge in den wichtigen Sommermonaten von Mitte Juni bis September und einschneidende Hagelereignisse prägten die Witterung, so dass die Erträge und Alphasäurewerte deutlich unterdurchschnittlich ausfielen.
Die Ernte in den USA fiel im Durchschnittsertrag um knapp 9% schwächer im Vergleich zum Vorjahr aus. Ursache waren hierfür ungewöhnlich niedrige Temperaturen zu Beginn der Vegetationsperiode.
Die weltweite Ernte beträgt nach ersten Hochrechnungen nur 104.700 Tonnen. Dies ist ein Rückgang von fast 20% im Vergleich zum Vorjahr und -15% zum langjährigen Mittel.
Der Ausblick
Diese Ernteergebnisse stellen die gesamte Hopfenwirtschaft vor große Herausforderungen. Fehlende Erlöse durch schwache Erträge und erheblich gestiegenen Produktionskosten aufgrund von spürbaren Kostensteigerungen bei Energie, Dünger und Personal setzen die gesamte Wertschöpfungskette massiv unter Druck. Da das bestehende Vorvertragswesen aus gutem Grund keine Preisanpassung erlaubt, stehen vor allem die Erzeuger, aber auch die Hopfenvermarkter und - Verarbeiter, die ihre gestiegenen Kosten nicht weitergeben können, unter Druck.
Der prognostizierte Bierausstoß im Jahr 2023 wird aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation weltweit nur geringfügig weiterwachsen.
Die Ernte 2022 hat nach ersten Schätzungen eine Alphasäuremenge von 9.400 Tonnen* produziert. Damit wäre die Produktion aus der Ernte
2022 in etwa im Einklang mit dem zu erwartenden Bedarf im Braujahr
Bei einzelnen Sorten kommt es aber zu deutlichen Unterversorgungen. Es fehlen bedeutende Mengen verschiedener Aroma- und Bittersorten aus Europa, um bestehende Vorverträge mit Brauereien zu erfüllen. Die Vermarkter sind dabei gemeinsam mit der Brauindustrie weitreichende Vertragsumstellungen vorzunehmen.
Das Angebot an Hochalphasorten dürfte nach der Flächenreduzierung in den USA global knapp versorgt sein. Der offensichtliche und irreversible Klimawandel beeinflusst die Witterungsbedingungen in den Hauptanbaugebieten Mitteleuropas mit hohen Temperaturen und längeren Trockenperioden. Diesen neuen Bedingungen sind viele der größtenteils vor vielen Jahrzehnten eingeführten Hopfensorten nicht mehr gewachsen. Schwache Erträge und unterdurchschnittliche Brauwerte sind die unausweichliche Folge.
Für die Brauindustrie ist es daher die Aufgabe, bereits zur Verfügung stehende und neu zu züchtende hitzestress- und krankheitsresistente Hopfensorten, die selbst bei einem sich sichtbar verändernden Klima stabile Erträge und Qualitäten liefern, mit Priorität in die Rezepturen bedeutender Biermarken einzubringen. Gleichzeitig müssen Politik und Behörden gemeinsam mit den Marktpartnern konkret umsetzbare Lösungen finden, Anbauflächen großflächig zu bewässern, um den Hopfenanbau als Raumkultur in den Europäischen Anbaugebieten zu
erhalten
Den Mengenangaben in Tonnen Alphasäure liegen die kalkulierten Alphawerte zugrunde, die den Brauereien bei Einsatz der Produkte effektiv zur Verfügung stehen. In der Kalkulation sind daher Verarbeitungsverluste und Lagerverluste bis zumVerbrauch berücksichtigt. Sämtliche Zahlenangaben spiegeln die Meinung der Mehrheit der Mitgliedsfirmen des DHWV wider. Einzelne Mitgliedsfirmen
können in dem von ihnen veröffentlichten Zahlenmaterial geringfügig

Dipl.-Ing. Walter König
Geschäftsführer,
Bayerischer Brauerbund e.V.
anlässlich der gemeinsamen Pressekonferenz
Hopfenernte und Hopfenmarkt 2022
Als Wirtschaftsverband der Bayerischen Brauwirtschaft, und somit Hauptverwender des „grünen Goldes“ sind wir heute hier im Münchner Brauerhaus gerne Gastgeber für die sonst auf der Fachmesse „BrauBeviale“ in Nürnberg stattfindende Pressekonferenz. Mit der Verpflichtung zum Bayerischen Reinheitsgebot sind wir Brauer auf die beiden Agrarerzeugnisse Braugetreide und Hopfen als die beiden wertgebenden Rohstoffe in unseren Bierspezialitäten angewiesen. Der Spruch „Ohne Hopfen - kein Bier“ trifft deshalb nirgends so ausnahmslos zu als in Bayern und ganz Deutschland.
Die Hopfen- und Bierproduktion hängen unausweichlich sehr stark voneinander ab. Dies wurde uns in den vergangenen Jahren in beide Richtungen schmerzlich vor Augen geführt. Der weltweite Einbruch des Bierabsatzes als Folge der Corona-Pandemie, brachte die Hopfenabrufe der Brauereien ins Stocken und die Lager blieben voll. Ein Jahr später sind wir froh, die Hopfenbestände aus guten vorausgegangenen Ernten und aus den nicht benötigten Hopfenmengen aus dieser Zeit als Reserve, zum Ausgleich einer echten Missernte nutzen zu können.
Wir sitzen in einem Boot und die Probleme und Herausforderungen müssen gemeinsam angegangen und gemeistert werden. Diese Erkenntnis reicht weit zurück. Auch die Gründung der Gesellschaft für Hopfenforschung folgte dieser Grundhaltung, welche sich bis heute bewährt. Hier geht es jedoch mehr um eine langfristig angelegte Forschungskooperation, in der aufkommende Probleme und Herausforderungen für die zukünftige Versorgung der Brauwirtschaft mit qualitativ hochwertigem und bezahlbarem Hopfen erkannt und angegangen werden. Um nur wenige Beispiele zu nennen, sind dies die Herausforderungen, die uns der Klimawandel auf allen Ebenen beschert. Aber auch der politische und gesellschaftliche Wandel in Bezug auf die landwirtschaftliche Produktion stellen uns immer wieder vor große Aufgaben. Im gemeinsamen Bemühen um mehr Nachhaltigkeit von der landwirtschaftlichen Produktion bis zum fertigen Bier im Glas hat die Hopfenwirtschaft bereits vor Jahren begonnen, Hopfenbaubetriebe nach internationalem Standard nachhaltig zu zertifizieren. So wurde über die Jahre die nachhaltig produzierte Hopfenmenge immer größer und erreicht mittlerweile fast 70% der Gesamtproduktion. Auch die Brauwirtschaft befasst sich zunehmend mit dem Thema nachhaltiger Unternehmensführung und nachhaltiger Bierproduktion. So konnte beim Rohstoff Hopfen auf ein bestehendes und vor allem durchgängig funktionierendes System inklusive der Hopfenverarbeitung und vermarktung zurückgegriffen werden, das zudem permanentausgebaut und verbessert wird. Für die Weitsicht und diehervorragende Arbeit wollen wir uns dafür als Brauwirtschaft bei der
Hopfenwirtschaft herzlich bedanken. Doch drücken uns seit dem Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine und der damit verbundenen Verwerfungen auf den Märkten aktuell ganz andere Sorgen.
 - Die Energiepreissteigerungen, sowie die Verfügbarkeit von Energie in den benötigten Formen und zum benötigten Zeitpunkt sind für Hopfenpflanzer, Hopfenverarbeiter und Brauereien gleichermaßen belastend.
 - Lieferketten von Waren, die bis Anfang dieses Jahres zu Selbstverständlichkeiten zählten, wurden unterbrochen und müssen mühsam neu aufgebaut werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die fehlenden Nägel für die Herstellung von Palletten, die wir bis dato ohne Probleme nur bestellen brauchten.
 - Auch die, durch die hohen Energiekosten nahezu in ganz Europa ausgesetzte Düngemittelproduktion zieht eine Knappheit, Lieferengpässe und erhebliche Kostensteigerungen bei den Nebenprodukten Kohlensäure und AdBlue nach sich. Ganz abgesehen von den fehlenden Düngemitteln selbst, die wir zu viel höheren Preise aus anderen Ländern beschaffen müssen.
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, vor allem mit Dingen, welche sowohl die Landwirtschaft belasten, zu höheren Verarbeitungs- und Lagerkosten beim Handel führen, als auch bei den Brauereien zu Kostensteigerungen von der Produktion bis zum Kunden ein erschreckendes Ausmaß annehmen. Hopfentrocknung, Mälzen und Brauen sind energieintensive Prozesse, die in ihrer Effizienz bereits stark ausgereizt sind und bei denen es kurzfristig keinerlei Einsparungsmöglichkeiten gibt. Die erfolgreiche Weitergabe der Kostensteigerungen durch die Wertschöpfungskette an den Verbraucher spüren wir gerade in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Erst vergangene Woche konnte man in der BILD eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, zur Kaufkraft in Deutschland lesen, die den Wert unserer Lebensmittel umgerechnet in Minuten Arbeitsleistung dargestellt hat. Während viele Lebensmittel in den vergangenen Monaten deutlich mehr Minuten Arbeitsleistung von
uns abverlangen, titelte der Artikel die Worte „Wir arbeiten drei Minuten für ein Bier“, doch das war laut der Studie vor 20 Jahren auch schon so! Gemessen an den Kosten und insbesondere an den aktuellen Kostensteigerungen durch die gesamte Wertschöpfungskette ist Bier in Deutschland viel zu billig! Die hohe Konzentration des Handels aber auch die, durch einen stetig sinkenden Pro-Kopf-Konsum bestehenden Überkapazitäten in der deutschen Brauwirtschaft machen notwendige Preiskorrekturen für jede einzelne Brauerei zu einer Mamut-Aufgabe.
Viele Betriebe stehen selbst mit dem Rücken an der Wand und wissen nicht, wie sie nach dem sukzessiven Auslaufen alter Lieferverträge mit den neuen Konditionen zurechtkommen sollen. Wie Sie sicherlich alle wissen, werden bereits Produktionsstandorte in Deutschland geschlossen und Braukapazitäten optimiert, heruntergefahren oder stillgelegt. Trotz und gerade wegen aller Belastungen, die jeder von uns in seinem Bereich aktuell tragen muss, sind die Kommunikation, der Dialog und das Verständnis füreinander wichtig. Lassen Sie uns die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die wir in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, gerade in schwierigen Zeiten fortsetzen undso gut es geht die Herausforderungen der Zukunft zusammen anpacken.
 

Mario Schäfer
Geschäftsführer,
Private Brauereien Bayern e.V.
anlässlich der gemeinsamen Pressekonferenz
Hopfenernte und Hopfenmarkt 2022
Nach zwei entbehrungsreichen Jahren für die Brauereien war der Sommer 2022 wieder geprägt von vollen Biergärten, Volksfesten und anderen Großveranstaltungen bei teils hohen Temperaturen. Auch wenn wir das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht haben, sorgte das schöne Wetter in den Sommermonaten wieder für bessere Absätze bei den Brauereien als in den beiden Sommern davor. Doch genau diese anhaltend hohen Temperaturen kombiniert mit fehlendem Niederschlag sorgten für schlechte Wachstumsbedingungen beim Hopfen. Die Ausführungen meiner Kollegen von den Hopfenfachverbänden zeigen, dass nach dem guten Hopfenjahr 2021 in diesem Jahr mit mageren Erträgen zu rechnen ist. Die Braubranche an sich steht vor großen Herausforderungen. Besonders die kleinen und mittelständischen Brauereien, die ja den Großteil der deutschen Brauwirtschaft ausmachen, leiden unter den derzeitigen Kostensteigerungen. Insbesondere die Kosten für Energie, Rohstoffe, Reinigungsmittel und Verpackungsmaterialien haben sich verteuert. Im Durschnitt kommen im laufenden Jahr auf eine klassische mittelständische Brauerei Mehrkosten im sechsstelligen Bereich zu. Kastenpreise weit über 20 Euro wären notwendig, damit die Brauereien kostendeckend arbeiten könnten. Eine Weitergabe dieser gestiegenen Kosten an die Konsumentinnen und Konsumenten ist jedoch nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Derzeit ist zu beobachten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auch beim Bier wieder stärker auf den Geldbeutel schauen.
Für viele kleinere Brauereien geht es ums wirtschaftliche Überleben. Erste Brauereien haben bereits aufgegeben oder angekündigt in absehbarer Zeit den Betrieb einzustellen. Ein Lichtblick ist hierbei die vor kurzem beschlossene Entfristung der ermäßigten
Biersteuersätze im Rahmen der Biersteuermengenstaffel. So können die größenbedingten Wettbewerbsnachteile kleiner, unabhängiger Brauereien im Vergleich zu Großbrauereien durch Steuererleichterungen auch in Zukunft teilweise ausgeglichen werden. Doch die derzeitigen enormen Kostensteigerungen können davon nicht kompensiert werden. Bei der von der Regierung geplanten Strom- und Gaspreisbremse werden kleine und mittelständische Unternehmen nicht in dem Maße unterstützt, wie das bei Industrieunternehmen vorgesehen ist. Ein weiteres Thema in diesem Jahr war der akute CO2-Mangel in den Sommermonaten. Brauereien mussten zwischenzeitlich ihre Produktion einstellen, da die insbesondere für die Abfüllung wichtige Kohlensäure fehlte. Derzeit ist die Versorgung – wenn auch auf niedrigem Niveau – gewährleistet, sodass die Unternehmen produzieren können. Durch die Abhängigkeit von wenigen Produzenten in Deutschland kann der Mangel jedoch jederzeit wieder akut werden.
Die Folgen des Klimawandels werden einem bei einer Pflanze wie dem Hopfen besonders vor Augen geführt. Deshalb begrüßen wir es, dass die Hopfenwirtschaft hier an nachhaltigen Konzepten arbeitet. Trotz desschlechten Ernteergebnisses beim Hopfen in diesem Jahr ist die Versorgung der Brauwirtschaft mit Hopfen gesichert – der sehr guten Ernte 2021 sei Dank. Dennoch wird bei einigen Hopfensorten in diesem Jahr die Alpha-Klausel greifen. Darüber hinaus ist mit kurzfristigeren Verträgen und höheren Preisen zu rechnen. Die Brauwirtschaft sieht dabei auch die Probleme der Hopfenpflanzerinnen und -pflanzer: auch sie leiden unter den steigenden Energie- und Materialkosten. Um eine adäquate Lösung zu finden, ist dabei ein partnerschaftlicher Umgang aller Beteiligten essentiell – von den Pflanzern über den Hopfenhandel bis hin zu den Brauereien. Nur durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann es gelingen, die Auswirkungen der derzeitigen Energiekrise sowie des Klimawandels erfolgreich zu meistern und so unsere einzigartige Biervielfalt in Deutschland zu erhalten.
 
 
 
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