Beitragsseiten

Pascal Piroué
1. Vorsitzender Deutscher Hopfenwirtschaftsverband e.V.
zur Hopfenernte und dem Hopfenmarkt 2022

Der Hopfenmarkt steht vor großen Herausforderungen

Die Ausgangslage vor der Ernte 2022
Ausgehend von einer außergewöhnlich guten Welternte 2021, die mit einer Menge von rd. 130.500 Tonnen Hopfen einen deutlichen Überschuss an Alphasäure produzierte, zeigte sich der Weltmarkt im Braujahr 2022, wie auch in den Vorjahren, in einigen Sorten deutlich überversorgt.
In Abhängigkeit des Auslaufens pandemiebedingter Einschränkungen hielt über das Braujahr 2022 die Erholungstendenz des Bierausstoßes auf allen Kontinenten an. Insgesamt steigerte sich der globale Bierausstoß des Jahres 2021 um 5% gegenüber dem Vorjahr und verfehlte das Vor-Covid-Niveau des Jahres 2019 nur um knapp 2%. Betrachtet man die Versorgung mit Hopfen in den einzelnen Sortengruppen, so ergaben sich deutliche Unterschiede. Am meisten überversorgt zeigten sich vornehmlich die typischen Craftbier-Sorten, von denen sich vor allem in den USA über die letzten Jahre deutliche Bestände aufgebaut haben. Überschüsse gab es aber auch bei einigen Aromasorten, die Bestandteil von „Big-Beer“-Rezepturen sind. Diese wurden vom Markt aufgrund der guten Qualitäten aufgenommen. Die Versorgung mit Hochalpha-Sorten erschien insgesamt ausgeglichen.
Die Ernte 2022
2022 nahm die Weltanbaufläche nur leicht ab. Sie beträgt nun rund 1.700 ha. Diese Entwicklung ist hauptsächlich auf Flächenreduzierungen in den USA zurückzuführen. In Europa blieb die Fläche nahezu konstant. Die Wachstumsbedingungen in den Anbaugebieten in Mitteleuropa waren im Gegensatz zu 2021 in der Vegetationsperiode 2022 für den Hopfen bemerkenswert ungünstig. Überdurchschnittlich viele Hitzetage, ausbleibende Niederschläge in den wichtigen Sommermonaten von Mitte Juni bis September und einschneidende Hagelereignisse prägten die Witterung, so dass die Erträge und Alphasäurewerte deutlich unterdurchschnittlich ausfielen.
Die Ernte in den USA fiel im Durchschnittsertrag um knapp 9% schwächer im Vergleich zum Vorjahr aus. Ursache waren hierfür ungewöhnlich niedrige Temperaturen zu Beginn der Vegetationsperiode.
Die weltweite Ernte beträgt nach ersten Hochrechnungen nur 104.700 Tonnen. Dies ist ein Rückgang von fast 20% im Vergleich zum Vorjahr und -15% zum langjährigen Mittel.
Der Ausblick
Diese Ernteergebnisse stellen die gesamte Hopfenwirtschaft vor große Herausforderungen. Fehlende Erlöse durch schwache Erträge und erheblich gestiegenen Produktionskosten aufgrund von spürbaren Kostensteigerungen bei Energie, Dünger und Personal setzen die gesamte Wertschöpfungskette massiv unter Druck. Da das bestehende Vorvertragswesen aus gutem Grund keine Preisanpassung erlaubt, stehen vor allem die Erzeuger, aber auch die Hopfenvermarkter und - Verarbeiter, die ihre gestiegenen Kosten nicht weitergeben können, unter Druck.
Der prognostizierte Bierausstoß im Jahr 2023 wird aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation weltweit nur geringfügig weiterwachsen.
Die Ernte 2022 hat nach ersten Schätzungen eine Alphasäuremenge von 9.400 Tonnen* produziert. Damit wäre die Produktion aus der Ernte
2022 in etwa im Einklang mit dem zu erwartenden Bedarf im Braujahr
Bei einzelnen Sorten kommt es aber zu deutlichen Unterversorgungen. Es fehlen bedeutende Mengen verschiedener Aroma- und Bittersorten aus Europa, um bestehende Vorverträge mit Brauereien zu erfüllen. Die Vermarkter sind dabei gemeinsam mit der Brauindustrie weitreichende Vertragsumstellungen vorzunehmen.
Das Angebot an Hochalphasorten dürfte nach der Flächenreduzierung in den USA global knapp versorgt sein. Der offensichtliche und irreversible Klimawandel beeinflusst die Witterungsbedingungen in den Hauptanbaugebieten Mitteleuropas mit hohen Temperaturen und längeren Trockenperioden. Diesen neuen Bedingungen sind viele der größtenteils vor vielen Jahrzehnten eingeführten Hopfensorten nicht mehr gewachsen. Schwache Erträge und unterdurchschnittliche Brauwerte sind die unausweichliche Folge.
Für die Brauindustrie ist es daher die Aufgabe, bereits zur Verfügung stehende und neu zu züchtende hitzestress- und krankheitsresistente Hopfensorten, die selbst bei einem sich sichtbar verändernden Klima stabile Erträge und Qualitäten liefern, mit Priorität in die Rezepturen bedeutender Biermarken einzubringen. Gleichzeitig müssen Politik und Behörden gemeinsam mit den Marktpartnern konkret umsetzbare Lösungen finden, Anbauflächen großflächig zu bewässern, um den Hopfenanbau als Raumkultur in den Europäischen Anbaugebieten zu
erhalten
Den Mengenangaben in Tonnen Alphasäure liegen die kalkulierten Alphawerte zugrunde, die den Brauereien bei Einsatz der Produkte effektiv zur Verfügung stehen. In der Kalkulation sind daher Verarbeitungsverluste und Lagerverluste bis zumVerbrauch berücksichtigt. Sämtliche Zahlenangaben spiegeln die Meinung der Mehrheit der Mitgliedsfirmen des DHWV wider. Einzelne Mitgliedsfirmen
können in dem von ihnen veröffentlichten Zahlenmaterial geringfügig
Google Analytics Alternative