Beitragsseiten

Dipl.-Ing. Walter König
Geschäftsführer,
Bayerischer Brauerbund e.V.
anlässlich der gemeinsamen Pressekonferenz
Hopfenernte und Hopfenmarkt 2022
Als Wirtschaftsverband der Bayerischen Brauwirtschaft, und somit Hauptverwender des „grünen Goldes“ sind wir heute hier im Münchner Brauerhaus gerne Gastgeber für die sonst auf der Fachmesse „BrauBeviale“ in Nürnberg stattfindende Pressekonferenz. Mit der Verpflichtung zum Bayerischen Reinheitsgebot sind wir Brauer auf die beiden Agrarerzeugnisse Braugetreide und Hopfen als die beiden wertgebenden Rohstoffe in unseren Bierspezialitäten angewiesen. Der Spruch „Ohne Hopfen - kein Bier“ trifft deshalb nirgends so ausnahmslos zu als in Bayern und ganz Deutschland.
Die Hopfen- und Bierproduktion hängen unausweichlich sehr stark voneinander ab. Dies wurde uns in den vergangenen Jahren in beide Richtungen schmerzlich vor Augen geführt. Der weltweite Einbruch des Bierabsatzes als Folge der Corona-Pandemie, brachte die Hopfenabrufe der Brauereien ins Stocken und die Lager blieben voll. Ein Jahr später sind wir froh, die Hopfenbestände aus guten vorausgegangenen Ernten und aus den nicht benötigten Hopfenmengen aus dieser Zeit als Reserve, zum Ausgleich einer echten Missernte nutzen zu können.
Wir sitzen in einem Boot und die Probleme und Herausforderungen müssen gemeinsam angegangen und gemeistert werden. Diese Erkenntnis reicht weit zurück. Auch die Gründung der Gesellschaft für Hopfenforschung folgte dieser Grundhaltung, welche sich bis heute bewährt. Hier geht es jedoch mehr um eine langfristig angelegte Forschungskooperation, in der aufkommende Probleme und Herausforderungen für die zukünftige Versorgung der Brauwirtschaft mit qualitativ hochwertigem und bezahlbarem Hopfen erkannt und angegangen werden. Um nur wenige Beispiele zu nennen, sind dies die Herausforderungen, die uns der Klimawandel auf allen Ebenen beschert. Aber auch der politische und gesellschaftliche Wandel in Bezug auf die landwirtschaftliche Produktion stellen uns immer wieder vor große Aufgaben. Im gemeinsamen Bemühen um mehr Nachhaltigkeit von der landwirtschaftlichen Produktion bis zum fertigen Bier im Glas hat die Hopfenwirtschaft bereits vor Jahren begonnen, Hopfenbaubetriebe nach internationalem Standard nachhaltig zu zertifizieren. So wurde über die Jahre die nachhaltig produzierte Hopfenmenge immer größer und erreicht mittlerweile fast 70% der Gesamtproduktion. Auch die Brauwirtschaft befasst sich zunehmend mit dem Thema nachhaltiger Unternehmensführung und nachhaltiger Bierproduktion. So konnte beim Rohstoff Hopfen auf ein bestehendes und vor allem durchgängig funktionierendes System inklusive der Hopfenverarbeitung und vermarktung zurückgegriffen werden, das zudem permanentausgebaut und verbessert wird. Für die Weitsicht und diehervorragende Arbeit wollen wir uns dafür als Brauwirtschaft bei der
Hopfenwirtschaft herzlich bedanken. Doch drücken uns seit dem Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine und der damit verbundenen Verwerfungen auf den Märkten aktuell ganz andere Sorgen.
 - Die Energiepreissteigerungen, sowie die Verfügbarkeit von Energie in den benötigten Formen und zum benötigten Zeitpunkt sind für Hopfenpflanzer, Hopfenverarbeiter und Brauereien gleichermaßen belastend.
 - Lieferketten von Waren, die bis Anfang dieses Jahres zu Selbstverständlichkeiten zählten, wurden unterbrochen und müssen mühsam neu aufgebaut werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die fehlenden Nägel für die Herstellung von Palletten, die wir bis dato ohne Probleme nur bestellen brauchten.
 - Auch die, durch die hohen Energiekosten nahezu in ganz Europa ausgesetzte Düngemittelproduktion zieht eine Knappheit, Lieferengpässe und erhebliche Kostensteigerungen bei den Nebenprodukten Kohlensäure und AdBlue nach sich. Ganz abgesehen von den fehlenden Düngemitteln selbst, die wir zu viel höheren Preise aus anderen Ländern beschaffen müssen.
Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, vor allem mit Dingen, welche sowohl die Landwirtschaft belasten, zu höheren Verarbeitungs- und Lagerkosten beim Handel führen, als auch bei den Brauereien zu Kostensteigerungen von der Produktion bis zum Kunden ein erschreckendes Ausmaß annehmen. Hopfentrocknung, Mälzen und Brauen sind energieintensive Prozesse, die in ihrer Effizienz bereits stark ausgereizt sind und bei denen es kurzfristig keinerlei Einsparungsmöglichkeiten gibt. Die erfolgreiche Weitergabe der Kostensteigerungen durch die Wertschöpfungskette an den Verbraucher spüren wir gerade in vielen Bereichen des täglichen Lebens. Erst vergangene Woche konnte man in der BILD eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, zur Kaufkraft in Deutschland lesen, die den Wert unserer Lebensmittel umgerechnet in Minuten Arbeitsleistung dargestellt hat. Während viele Lebensmittel in den vergangenen Monaten deutlich mehr Minuten Arbeitsleistung von
uns abverlangen, titelte der Artikel die Worte „Wir arbeiten drei Minuten für ein Bier“, doch das war laut der Studie vor 20 Jahren auch schon so! Gemessen an den Kosten und insbesondere an den aktuellen Kostensteigerungen durch die gesamte Wertschöpfungskette ist Bier in Deutschland viel zu billig! Die hohe Konzentration des Handels aber auch die, durch einen stetig sinkenden Pro-Kopf-Konsum bestehenden Überkapazitäten in der deutschen Brauwirtschaft machen notwendige Preiskorrekturen für jede einzelne Brauerei zu einer Mamut-Aufgabe.
Viele Betriebe stehen selbst mit dem Rücken an der Wand und wissen nicht, wie sie nach dem sukzessiven Auslaufen alter Lieferverträge mit den neuen Konditionen zurechtkommen sollen. Wie Sie sicherlich alle wissen, werden bereits Produktionsstandorte in Deutschland geschlossen und Braukapazitäten optimiert, heruntergefahren oder stillgelegt. Trotz und gerade wegen aller Belastungen, die jeder von uns in seinem Bereich aktuell tragen muss, sind die Kommunikation, der Dialog und das Verständnis füreinander wichtig. Lassen Sie uns die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die wir in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, gerade in schwierigen Zeiten fortsetzen undso gut es geht die Herausforderungen der Zukunft zusammen anpacken.
 
Google Analytics Alternative