Forschungsprojekt der UR zur Erhöhung der Effizienz von Zivilverfahren gestartet

Logo Universität Regensburg (Grafik: Universität Regensburg)Gerichte sind in Deutschland stark belastet, mit Dieselverfahren, Fluggastklagen, Widerrufen von Darlehensverträgen und zahlreichen anderen Massenverfahren. Zudem müssen sie sich mit zum Teil nicht auf den konkreten Einzelfall bezogenem Parteivortrag auseinandersetzen – weshalb die Strukturierung von Parteivorträgen derzeit einen der am breitesten diskutierten Reformansätze im Zivilprozess darstellt. Hier setzt ein Forschungsprojekt der Universität Regensburg an, das gemeinsam mit dem Bayerischen und dem Niedersächsischen Justizministerium gestartet wurde. Es soll erprobt werden, in welchen Fällen und in welcher Form eine softwaregestützte Strukturierung des Parteivortrags Vorteile für das Verfahren und die Prozessbeteiligten bringen kann.

Hierzu wird an der Universität Regensburg, am Lehrstuhl für Deutsches Verfahrensrecht unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Althammer und am Lehrstuhl für Medieninformatik unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Wolff, zunächst gemeinsam ein Prototyp entwickelt. Dieser soll anschließend in einem zivilprozessualen Reallabor erprobt werden.
Die beiden am Projekt beteiligten Lehrstühle versuchen die technischen Möglichkeiten mit den Vorgaben, die an eine rechtssichere und rechtskonforme Durchführung im gerichtlichen Verfahren anzulegen sind, in enger Zusammenarbeit in Einklang zu bringen und bestehende Spielräume auszuloten. Methoden der nutzerzentrierten Gestaltung gebrauchstauglicher Software gewährleisten dabei, dass die Anforderungen der unterschiedlichen Stakeholder (Anwältinnen und Anwälte auf Kläger- und Beklagtenseite, Richterinnen und Richter) angemessen Berücksichtigung finden. Die dafür nötige interdisziplinäre Zusammenarbeit der Fächer Informatik und Rechtswissenschaft stellt dabei eine lohnende Zukunftsaufgabe dar. Hinzu kommt im konkreten Fall der enge Austausch zwischen Wissenschaft und Justiz, der gerade auf dem noch jungen Gebiet zivilprozessualer Reallabore einen geeigneten Rahmen findet.
Das Reallabor wird dann gemeinsam von den Justizministerien Bayerns und Niedersachsens mit den Lehrstühlen der UR durchgeführt. Diese Erprobung in ausgewählten Zivilverfahren soll im Jahr 2023 gestartet werden und zeigen, wie und in welchen Fällen eine strukturierte Aufbereitung des Prozessstoffs für das Verfahren und die Parteien vorteilhaft ist.
Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich erklärt zu diesem Projekt: „Auf Initiative Bayerns hat die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister mehrfach ein umfassendes rechtspolitisches Reformpaket des Bundes für den Zivilprozess angemahnt. Leider ist das Bundesjustizministerium bisher nur punktuell tätig geworden. Das reicht nicht. Wir müssen auch die komplexen Themen in Angriff nehmen – wie die Strukturierung des Parteivortrags.“ Eine Strukturierung des Parteivortrags im Zivilprozess schone laut Eisenreich Ressourcen auf Seiten der Justiz und der Anwälte. Wie das am besten gelingen können, werde erst die Praxis zeigen. Die Sichtweisen der Anwaltschaft seien dabei aber ebenso zu berücksichtigen, wie die der Richterinnen und Richter. „Gemeinsam mit Niedersachsen starten wir deshalb ein Reallabor, bei dem der Prototyp einer Strukturierungssoftware in Gerichtsverfahren erprobt wird. Dieses Projekt soll erproben, ob sich Lösungen finden lassen, die für Gerichte, die Anwaltschaft und die Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen hilfreich sind. Ein Werkzeug, mit dem Massenverfahren oder andere komplexe Verfahren effizienter und schneller bearbeitet werden können, hilft allen“, so der bayerische Justizminister.
 
 
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